Bericht 2022

Weidenberg – Inmitten einer nicht einfachen Zeit an den Schulen veranstaltete der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnen-Verband (BLLV) Oberfranken endlich wieder seinen Lehrertag an der Grund- und Mittelschule in Weidenberg. Allein dieses Miteinander, diese Begegnungen mit Diskussionen und Gesprächen beim 38. Lehrertag in Präsenz wüssten alle zu schätzen, freute sich stellvertretende Bezirksvorsitzende Gisela Jahreiß. Eine große Zahl von Lehrerinnen und Lehrern aus ganz Oberfranken nutzen dieses praxisnahe Fortbildungsangebot des Lehrerverbands.

„Das Verhalten schwieriger Schülerinnen und Schüler wird von Lehrern, unabhängig von ihrer persönlichen Disposition und subjektiven Berufseinstellung, als der größte Belastungsfaktor ihrer beruflichen Tätigkeit empfunden.“ Mit Dr. phil. Alexander Prölß hatten die Organisatoren einen Volltreffer gelandet. Praxisnah zeigte der Staatlicher Schulpsychologe, Psychotherapeut, Buchautor und seit zehn Jahren Lehrbeauftragte an der Universität Kaiserlautern Ursachen und Möglichkeiten bei Verhaltensauffälligkeiten auf. Warum sind diese Kinder so? Können sie vielleicht nicht anders und wollen gesehen werden? Welche schulinternen und schulexternen Hilfssysteme haben wir?

Überforderung, emotionale Konflikte, Defizite bei den Grundbedürfnissen sind mögliche Ursachen. Menschen haben die Grundbedürfnisse nach Bindung, Selbstwert, Lustgewinn/Unlustvermeidung sowie Kontrolle und Orientierung.

„Bindung ist das Fundament unserer psychischen Architektur. Es ist das, was uns zum Menschen macht“, erläuterte Alexander Prölß. Kinder brauchen wertschätzende Begegnung und echtes Interesse, gerade auffällige. Sich selbst als wirksam erleben. Schülerinnen und Schüler brauchen Rückmeldung von außen, dass sie ihren Selbstwert erhöhen können. Sehr viele Störungen beruhen auf Selbstwertdefiziten. Ein wesentlicher Ansatz: „Das Kind beim Gut-sein ertappen – auch wenn es noch so nervig ist.“ „Was finden sie gut an ihrem Sohn?“, fragte er eine Mutter. Diese saß minutenlang da und konnte nichts sagen. „Sie müssen doch etwas schön finden an ihrem Kind“, sagte er.

„Nein, ich wünschte er wäre bloß weg“ war die Antwort.

Jeder Mensch will Orientierung haben, was kann ich und was darf ich?

Manchmal geht es dann auch nicht ohne Strafen. Kinder brauchen auch Regeln, Strukturen und Rituale. „Regeln erleichtern den Umgang miteinander.“ Werden keine Regeln vorgegeben setzt sich der Stärkere durch.

Alexander Prölß zeigte der Lehrerschaft strukturiert die unterschiedlichen

Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Schule auf und deren Möglichkeiten und Ansätze. Anschließend gab es zahlreiche Fortbildungsangebote in kleineren Gruppen.

„Ich bin optimistisch, was diese Generation betrifft“, blickte Abteilungsdirektor an der Regierung von Oberfranken Stefan Kuen hoffnungsvoll auf unsere Kinder und Jugendlichen. Die Jugendlichen von heute sind nicht nur lifestyleorientiert, sondern auch politisch interessiert, blickte er beispielsweise auf die Umwelt-Bewegung. Die Coronajahre haben die Bedeutung des Präsenzunterrichts aufgezeigt. Nicht nur in der Pädagogik und Wissensvermittlung, sondern auch die rein wirtschaftliche Bedeutung. „Wenn die Schulen nicht arbeiten und das Schulsystem nicht funktioniert kann auch die Wirtschaft nur eingeschränkt arbeiten.“

Text und Fotos: Rainer Glissnik